Projekt

Christus-König | „Familienzentrum-Oberkassel“

Düsseldorf
Ort
Pastor-Busch-Weg 7-9, 40547 Düsseldorf
Ursprüngliche Nutzung
Kirche des Erzbistums Köln
Neue Nutzung
Kindertagesstätte und Familienzentrum
Gebäude
1929–1930 erbaut, Architekt: Franz Schneider (1877–1948) | 2008 Nutzung durch die ukrainisch-katholische Kirche | 2009 profaniert | 2011–2013 Umbau, Architekten: pinkarchitektur GmbH & Co.KG, Düsseldorf
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.

Ortslage | Städtebauliche Situation

Christus-König liegt im linksrheinischen Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel in einem Gebiet, das durch die Mischung aus kleinteiligem Wohnungsbau und Flächen industrieller Nutzung geprägt ist. Unmittelbar westlich führt seit 1959 eine höher gelegene Stadtautobahn entlang, sodass die städtebauliche Anbindung in diese Richtung verloren ging. Die Kirche bildet also an dieser Stelle einen Endpunkt. 

Gebäude | Bauform

Bestand – Neue Sachlichkeit der 1920er Jahre
Die Kirche Christus-König wurde mit ihrer Ausstattung 1987 in die Denkmalliste der Landeshauptstadt Düsseldorf eingetragen. In ihrer reduzierten glatten, kubischen Gestaltung stellte sie ein bedeutendes Beispiel der Architekturrichtung der 1920er Jahre dar. Der Architekt Franz Schneider (1877-1948, Vater des Architekten Paul Schneider-Esleben) nutzte hier die technischen Möglichkeiten seiner Zeit. Außen suggerierte der langgestreckte Bau hohe Seitenschiffe. Innen aber ließen die stützenlosen Decken die Stahlbetonbauweise des Neuen Bauens erkennen. Es gelang dem Architekten in bemerkenswerter Weise, den Typus eines gerichteten Saalbaues mit dem Hinweis auf die christliche Tradition des Basilikabaues am Außenbau zu verbinden. Der Innenraum war geprägt durch die expressiv bemalte Decke (Gangolf Minn) und die hohen Buntglasfenster (Albert Diemke, Jupp Gesing). Das einfallende Licht schuf darin je nach Tageszeit ganz unterschiedliche Atmosphären.
In einer Sanierungsphase Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden – nach Behebung geringer Kriegsschäden bis 1948 – eine Reihe von Anbauten und weiteren Gebäuden auf dem Gelände: 1960-61 Anbau einer Sakristei, Mitte der 60er Errichtung Pfarrhaus, Pfarrsaal, Jugendheim und Kindergarten (Hermann Josef Baum), 1965 kleine Änderungen in der Unterkirche, 1968 neues Sakramenthaus und später neuer Altar (Sepp Hürten), 1979 Campanile im Pfarrgarten. 

Historische Bedeutung | Soziales Umfeld

In der Bauflucht der Maasstraße bildete die Kirche den Eckabschluss des Bauquadrats und gleichzeitig den Übergang zu dem tiefer gelegenen Gelände, das durch die Zweigeschossigkeit der Kirche sinnvoll genutzt wurde. Nach Süden öffnete sich ein großer Freiplatz, von Pfarrhaus und Kindergarten eingefasst. Gestaltungselement war der kleine, 1979 aufgestellte, Campanile, ein Betongerüst mit eingehangenem Glockengehäuse. Seit 1959 waren Kirche und Freiplatz durch die Stadtautobahn von der westlichen Bebauung abgeschnitten (Stadtplanung Friedrich Tamms), so dass die städtebauliche Anbindung fehlte. 

Kirchliche Nutzung | Einbindung in die Bürgergemeinde

Sakrale Biografie

  • Aufhebung der Pfarrgemeinde Christus-König zur Filialkirche und Zusammenlegung mit St. Antonius am 01.01.2000
  • Orgeleinweihung am 9. April 2000
  • Nutzung bis 2008 durch die ukrainisch griechisch-orthodoxe Gemeinde und ukrainisch-orthodoxe Gemeinde
  • Abschlussgottesdienst am 22.11.2009, Profanierung der Filialkirche Christus-König durch Erzbischof Joachim Kardinal Meisner
  • Profanierungsdekret vom 22.01.2010

Prozess | Beteiligte

Nach der Profanierung der Kirche wurde das Gebäude an ein ehemaliges Gemeindemitglied verkauft mit der Idee, eine der Kirche in weitester Form verwandte Nutzung darin entstehen zu lassen: einen Ort für Kinder. Das Projekt nahm Gestalt an und wurde dank der konstruktiven, kooperativen und lösungsorientierten Zusammenarbeit aller Beteiligten (Bauherr, Architekt, Kirchengemeinde, Denkmalbehörden, Nutzer) erfolgreich umgesetzt. 

Nutzungskonzept | Neunutzung

Neues Leben in der Kirche
Gotteshäuser verkörpern in jeder Hinsicht etwas Unantastbares. Geprägt von großem Respekt und hoher Sensibilität für Vergänglichkeit und Neuanfang entstand hier ein Ort für junges Leben. In scheinbarem Widerspruch zu dem sakralen Raum wurden über mehrere Ebenen Räume konzipiert, die sich seit Anfang 2014 durch den Einzug einer 6-zügigen Kindertageseinrichtung und eines Familienzentrums mit neuem Leben füllen.

Die Umbaumaßnahme orientierte sich an der hohen ästhetischen, emotionalen und historischen Qualität des Denkmals und dem bedeutsamen Identifikationswert des Kirchenbaus für das gesamte Stadtviertel. Der die Längsfassaden prägende Rhythmus zwischen geschlossenen Wandflächen und senkrechten Fensterbändern wurde im Nordosten beibehalten. Nach Südwesten wurde der stützenlose Innenraum geöffnet und die historischen Buntglasfenster an gleicher Stelle, von Klarglas gerahmt, in die neue Fassade integriert. Ein sich nach Südwesten öffnender Quader wurde zwischen die Giebelwände geschoben und ruht auf der Fortsetzung des Klinkersockels. Dieser neue Baukörper ersetzt die verschiedensten Anbauten. Über seine beiden Ebenen erhalten die Kinder einen direkten Zugang in den neu gestalteten Garten. Der Erhalt der historischen Buntglasfenster, des Triumphbogens am Chorhaus, der Konchen und der farbig gestalteten, historischen Decke prägen auch weiterhin die Einzigartigkeit des Raumerlebnisses. Der gestalterische Farbkanon orientiert sich an der bauzeitlichen Farbgebung.
Die ehemalige Höhe des Kirchenraumes ist im Eingangsbereich eindrucksvoll erfahrbar.

Die bauliche Umsetzung des Entwurfs macht (Gruppen-)Räume von ganz individuellem Charakter erlebbar. Sie bietet den Kindern vielfältige Raumeindrücke und selbstschöpferische Möglichkeiten, das Gebäude mit Leben zu erfüllen. Die Konzeption der Kindertagesstätte entspricht den neuesten Standards. Gruppen mit Kindern von 0 bis 3 Jahren, sowie Einrichtungen für Kinder mit körperlichen Behinderungen sind vorgesehen. Die im Gartengeschoss gelegenen, vorhandenen Gemeinderäume werden zum Mehrzweckraum mit direktem Zugang zum Garten. Sie nehmen auch das Familienzentrum auf. Ein separater Zugang ermöglicht eine Nutzung auch in den Abendstunden und an Wochenenden. Die Gemeinschaftsräume, insbesondere der große Saal können für Familienfeste und andere Aktivitäten wie z.B. Gymnastikgruppen genutzt werden. 

Besonderheiten | Erfahrungen

Für die Bewohner des Stadtviertels bleibt durch die Weiternutzung des Gebäudes ein wichtiger Bezugspunkt in seiner ganzen räumlichen Präsenz erhalten. Viele ehemalige Gemeindeglieder äußern sich erfreut über die sinnvolle und ihrer Meinung nach sehr passende, lebendige neue Nutzung der ehemaligen Kirche.
Kinder, Eltern und Mitarbeiter der Kindertagesstätte heben die besondere räumliche Atmosphäre (Licht, Luft, Farbigkeit) hervor und die Aufenthaltsqualitäten von Innen- und Außenräumen. 

pinkarchitektur, Düsseldorf

Weitere Informationen zum Projekt:

https://pinkarchitektur.de/index.php?id=16&tx_ttnews%5Btt_news%5D=23&cHash=fe1605391c0a530a3a3a3bf22a3c8817