Projekt

Lutherturm | Wohnen, Atelier und Gewerbe

Köln
Ort
51063 Köln, Regentenstraße 42
Ursprüngliche Nutzung
Evangelische Pfarrkirche
Neue Nutzung
Nutzung zu Wohne-, Gewerbe- und Atelierzwecken
Gebäude
1893–1895 erbaut, Architekt: Emil Schreiterer (1852–1923), Köln | 1944 starke Beschädigungen durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg | 1948 Errichtung der Luther-Notkirche | bis 2003 Nutzung des Turms der Lutherische für die Jugendarbeit der Gemeinde | ab 2003 Planung für einen Anbau für Wohnen und Gewerbe | 2017-2020 Um- und Anbauarbeiten am Lutherturm
Denkmalschutz
Der Turm der ehemaligen Lutherische steht unter Denkmalschutz.

Ortslage | Städtebauliche Situation

Im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Mülheim befindet sich etwas abseits des Stadtkerns der erhalten gebliebene Turm der ehemaligen evangelischen Lutherkirche. Das Kirchenschiff wurde durch Luftangriffe 1944 stark beschädigt und nach Kriegsende komplett zurückgebaut. Als Ersatz wurde bereits 1948 direkt gegenüber eine Notkirche errichtet, die heute als Jugendkirche „geistreich“ genutzt wird.

Die ehemalige Lutherkirche befindet sich fußläufig zum Rheinufer, das Grundstück liegt in einem Übergangsbereich von einem Wohngebiet hin zu einer Mischnutzung zwischen Wohnen und Gewerbe. Die direkte Umgebung ist durch eine blockrandartige Wohnbebauung geprägt, d. h. die Gebäude sind in geschlossener Bauweise direkt nebeneinander zur Straße orientiert. Zudem gibt es verschiedene soziale und karitative Einrichtungen wie eine sozialpsychiatrische Beratungsstelle und die bereits erwähnte Jugendkirche. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Turmes befindet sich ein kleiner öffentlicher Park.

Die Höhe der umgebenden Bebauung ist überwiegend dreigeschossig, wodurch der 42 m hohe Kirchturm auch weithin als sichtbarer Orientierungspunkt fungiert.

Gebäude | Bauform

Errichtet wurde die ehemalige Lutherkirche Ende des 19. Jahrhunderts. Sie lag damals an prominenter Stelle direkt gegenüber dem Rathaus, der zu dem Zeitpunkt noch eigenständigen Stadt Mülheim. Konzipiert wurde das Sakralgebäude als dreischiffige, hallenartige Saalkirche mit geneigten Seitenschiffdecken im Stile der Neo-Renaissance. Auf die Ausbildung eines Querhauses wurde verzichtet. Der markanteKirchturm gründet auf einem oktagonalen Grundriss mit großem, nach Westen ausgerichteten Eingangsportal. Beidseitig wird der Kirchturm von niedrigeren Seitentürmen flankiert, die mit verschieferten Zwiebelhelmtürmen abschließen.

Durch Luftangriffe wurden große Teile des Kirchenbaus im Zweiten Weltkrieg zerstört, so dass lediglich der zentrale Hauptturm erhalten werden konnte, jedoch nur in veränderter, leicht vereinfachter Form. Die nach Plänen von Otto Bartning errichtete gleichnamige Notkirche in unmittelbarer Nähe zur Lutherkirche ist noch heute vollständig erhalten. Sie ist eine der ersten Kirchen, die mit einer freitragenden Holzkonstruktion errichtet wurde. Beim Bau wurden viele der Trümmerteile der Lutherkirche genutzt.

Historische Bedeutung | Soziales Umfeld

s.o.

Kirchliche Nutzung | Einbindung in die Bürgergemeinde

s.o.

Prozess | Beteiligte

Der Kirchturm wurde bis 2003 in die Jugendarbeit der Gemeinde eingebunden. Dann entschloss sich das Presbyterium dazu, im Bereich des ehemaligen Kirchenschiffes Wohnungen sowie Büroflächen zu errichten und diese zu vermieten. Der unter Denkmalschutz stehende Kirchturm wurde in die Pläne einbezogen. Er wurde saniert und an der Stelle des ehemaligen Kirchenraumes um einen neuen Anbau ergänzt. Ziel des Entwurfes vom Kölner Architekturbüro Maier Architekten war es dabei, einen ausgewogenen Gesamtkörper zu erzeugen. Der neue Anbau soll an das ehemalige Kirchenschiff erinnern und gleichzeitig als modernes, starkes Gegengewicht zum historischen Kirchturm fungieren. Bei der Materialität wurde die helle Farbigkeit des im Turm verbauten Sandsteines aufgenommen, wodurch sich Neu und Alt trotz der starken formalen Gegensätze verbinden. Die Trennung erfolgt über eine zurückgesetzte, gläserne Fuge, in der sich das Haupterschließungstreppenhaus befindet.

Der offen zur Schau gestellte Kontrast zwischen neuem Anbau und historischem Turm wirkt nach außen wie ein Mahnmal für die Zerstörungen aus dem Zweiten Weltkrieg.

Nutzungskonzept | Neunutzung

Mit der funktionalen Reaktivierung des Lutherturms sowie der Errichtung des neuen Anbaus wird dem gestiegenen Bedarf an Wohn- und Büroflächen im Zentrum von Mülheim Rechnung getragen. Gleichzeitig bleibt die historische Seite des Turmes samt Haupteingangsportal zur Straßenseite prominent sichtbar. Der Außenbereich ist weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich und verbindet öffentlichen Park mit der weiterhingeöffneten Jugendkirche.

Im Untergeschoss des Anbaus befindet sich eine Tiefgarage, in den vier oberirdischen Geschossen sind insgesamt 15 Wohnungen in unterschiedlichen Größen sowie Büroflächen untergebracht. Auch der Turm ist in die Nutzung integriert. Dort befinden sich neben zwei Wohnungen auch Büro-, Besprechungs- und Atelierflächen des planenden Architekturbüros, das sich nach Fertigstellung des Projektes im Jahr 2020 dort niedergelassen hat.

Besonderheiten | Erfahrungen

Durch den neuen Anbau an den Turm der ehemaligen Lutherkirche wurde ein Ort wiederbelebt, der seit über siebzig Jahren nicht genutzt wurde. Der Kirchturm ist nicht mehr nur zur Schau gestellte Vergangenheit, sondern wurde in die neue Nutzung des Areals zu Wohn- und Bürozwecken integriert. Ein kleiner Andachtsraum hält auch die ehemalige liturgische Funktion aufrecht. Es ist dabei gelungen, der historischen Architektur des ehemaligen Kirchturmes mit einem modernen Neubau zu verbinden. Der gesamte Ort samt Jugendkirche und öffentlichem Platz wurde auch als städtebaulicher Fixpunkt des Stadtviertels Mülheim revitalisiert.

Weitere Informationen zum Projekt:

https://maier-architekten-koeln.de/architekten-koeln/53/lutherturm-koeln