Projekt

Rheinkirche | Freies Kolumbarium

Duisburg
Ort
47198 Duisburg, Rheinstraße 16
Ursprüngliche Nutzung
evangelische Gemeindekirche
Neue Nutzung
Freies Kolumbarium
Gebäude
1893 - 1895 erbaut | 1939-1945 teilweise Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg | 1985 die Rheinkirche wird unter Denkmalschutz gestellt | ab 1994 die Rheinkirche wird nur noch zu besonderen Veranstaltungen genutzt | 2016 Entwirrung des Kirchengebäudes | 2019-2021 Sanierung und Umbau zum Kolumbarium | 2022 Eröffnung des freien Kolumbariums Rheinkirche
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.

Ortslage | Städtebauliche Situation

Die ehemalige evangelische Rheinkirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts im linksrheinischen Duisburger Stadtteil Homberg errichtet. Das Sakralgebäude befindet sich nur ca. 100 Meter Luftlinie vom Rhein entfernt, was auch zur Namensgebung des Gebäudes führte.

Der Stadtteil Homberg ist städtebaulich noch immer stark geprägt von der Vergangenheit als Bergbaustandort– hier wurde ab Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre Kohle in der Zeche Rheinpreußen gefördert. Im Gebiet entlang des Rheinufers befinden sich verschiedene großflächige Industrie- und Chemiebetriebe. Die Rheinkirche markiert an dieser Stelle den Übergang zur Wohnbebauung. Diese erstreckt sich in Form von frei stehenden bzw. blockartigen Mehrfamilienhäusern in meist drei bis viergeschossiger Bauweise Richtung Westen. Nördlich der Rheinkirche erstreckt sich ein parkartiges Naherholungsgebiet, das direkt an einen Seitenhafen des Rheins angrenzt. Direkt neben dem Kirchengebäude befindet sich eine Pflegeeinrichtung für Senior*innen.

Die städtebaulich herausragende Position der Rheinkirche wird durch den Kirchturm unterstrichen, der durch seine Höhe als weithin sichtbarer Orientierungspunkt für den gesamten Stadtteil fungiert.

Gebäude | Bauform

Bereits zwei Jahre nach der Grundsteinlegung 1893 wurde die Rheinkirche als evangelische Gemeindekirche fertiggestellt und eingeweiht. Sie ist als neogotisches Bauwerk konzipiert. Das zentrale Mittelschiff wird von zwei etwas niedrigeren Seitenschiffen flankiert, die durch eine Empore in zwei Ebenen unterteilt worden sind. Lediglich im Mittelschiff sowie im angrenzenden offenen Chorbereich ist die volle Raumhöhe erlebbar. Die Rheinkirche verfügt über ein eingesetztes Querschiff, das das Langhaus vom Chorbereich abtrennt. Das Langhaus mit zentralem Kirchturm, unter dem sich das Haupteingangsportalbefindet, liegt dabei im Südwesten, der Chorbereich mit Hauptchor, Chorumgang und Seitenkapellen im Nordosten.

Für die Stilepoche der Neogotik eher ungewöhnlich, wird das Spitztonnengewölbe mit Gurtbögen im Inneren von massiven, freistehenden Säulen getragen. Zwischen den Säulen erfolgt die Abgrenzung von Mittel- und Seitenschiffen über Arkadenbögen.

Von außen dominiert vor allem der tiefrote Ziegelstein das Bild des Sakralgebäudes. Prägend für den Innenraum ist die Holzdecke, die einen starken Kontrast zu den hellen Seitenwänden und den zurückhaltenden Kirchenfenstern ausbildet.

Historische Bedeutung | Soziales Umfeld

Die Entstehungsgeschichte der Rheinkirche hängt eng mit dem Beginn der Kohleförderung der Zeche Rheinpreußen zusammen. Durch die damals stark steigende Arbeiterschaft, die samt Familien in die neuen Zechensiedlungen in Duisburg-Homberg zogen, sowie der gleichzeitigen Erstarkung des Protestantismus unter preußischer Herrschaft wurde eine evangelische Kirche gebraucht. Sie diente bis Mitte des 20. Jahrhunderts als Hauptkirche für die lokale evangelische Gemeinde. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude teilweise zerstört, konnte jedoch nach historischem Vorbild wiedererrichtet werden. Durch die schrittweise Schließung der Zeche Rheinpreußen in den 1960er und 1970er Jahren änderte sich die Struktur des gesamten Stadtviertels und die Einwohnerzahl begann zu sinken. Dies führte dazu, dass die Rheinkirche ab 1994 nur noch zu besonderen Anlässen genutzt wurde. Im Jahr 2016 wurde dann schließlich der letzte Gottesdienst in der Rheinkirche gefeiert und die Kirche entweiht.

Prozess | Beteiligte

Nach der Entweihung der Kirche erwarb die Planungs- und Denkmalentwicklungsgesellschaft „Küssdenfrosch“ 2018 das denkmalgeschützte Sakralgebäude mit dem Ziel, eine überkonfessionelle, überreligiöse Urnengrabstätte im Kirchenraum zu etablieren. Nach der Bewilligung von Fördermitteln der Bundesregierung wurde bereits 2019 mit den erforderlichen umfangreichen Sanierungsmaßnahmen an der Bausubstanz sowie den Umbaumaßnahmen im Kirchenschiff begonnen. Die Bauarbeiten konnten 2021 abgeschlossen werden. Seit Frühjahr 2022 werden im Freien Kolumbarium Rheinkirche Urnenbegräbnisse durchgeführt.

Nutzungskonzept | Neunutzung

Für die Nutzung als Urnengrabstätte wurde der gesamte Innenraum der Rheinkirche umgebaut. Dabei musste besonders auf die Belange des Denkmalschutzes Rücksicht genommen werden, sodass eine freie, reversible Konstruktion entstanden ist. Im Bereich der ehemaligen Kirchenbänke wurden winkelförmige, regalartige Strukturen aus Eichenholz eingesetzt. Die feinen, transparenten Elemente sind von der ostasiatischen Zen-Kultur inspiriert worden, fügen sich aber trotzdem harmonisch in den Kirchenraum ein, nicht zuletzt dank der Verbindung mit der historischen Holzdecke. In die geometrisch gerasterten Steelen können Holzboxen eingesetzt werden, die als Aufbewahrung für die Urnen dienen. In die Front der Boxen sind die Daten der Verstorbenen eingraviert, auskragende Holzelemente bieten Platz für Blumen.

Nach oben lösen sich die streng geometrischen Holzsteelen auf und ragen ungleichmäßig zur Decke hin aus. In diesem Bereich wurden zudem farbige Lichtboxen in der Größe der Urnenkammern installiert. Diese nehmen die Farbigkeit der abstrakten Kirchenfenster auf und spiegeln sie in den Raum, was eine Verbindung zwischen Bestand und neuem Einbau schafft und gleichzeitig eine indirekte Beleuchtung des ehemaligen Kirchenschiffes erzeugt.

Geschützt innerhalb der winkelförmigen Holzsteelen befinden sich kreisrunde Sitzgelegenheiten, die Raum und Umfeld für Trauern und Gedenken bieten.

Die Zentralachse des Innenraumes wurde frei belassen, vom Eingangsbereich fällt der Blick bis in die Apsis auf der gegenüberliegenden Raumseite. In Kombination mit den transparenten Urnensteelen bleiben so der ursprüngliche Raumeindruck erhalten und das Gebäude als Kirche erkennbar. Anstelle des ehemaligen Altars im Chorbereich befindet sich dort nun ein Wasserbecken, in das schwimmende Kerzen eingesetzt werden können.

Besonderheiten | Erfahrungen

Beim Umbau der Rheinkirche in Duisburg ist es gelungen, ein sehr modern gestaltetes Kolumbarium zu schaffen, was sich trotzdem mit der historischen, denkmalgeschützten Bestandsarchitektur verbindet. Der ganze Raum bekommt dadurch einen neuen Charakter und bleibt dennoch in seiner Ursprünglichkeit erfahrbar.

Entgegen den meisten Urnengrabstätten in ehemaligen Kirchengebäuden wird dieses Kolumbarium nicht von einem kirchlichen Träger betrieben. Dadurch gibt es keine konfessionellen oder religiösen Einschränkungen und der Ort spiegelt die Vielfalt des Lebens in der Umgebung wider.

Weitere Informationen zum Projekt:

https://www.kolumbarium-rheinkirche.de