Projekt

St. Gregorius | Kirche & Columbarium

Aachen
Ort
52066 Aachen, Am Chorusberg 3a
Ursprüngliche Nutzung
Pfarrkirche der Katholischen Propsteigemeinde St. Gregorius
Neue Nutzung
Pfarrkirche der Katholischen Propsteigemeinde St. Gregorius & Urnengrabstätte
Gebäude
1965–1967 erbaut, Architekt: Stefan Leuer (1913–1979), Köln | seit 1965 römisch-katholische Pfarrkirche | 2010 Zusammenlegung mehrerer Aachener Gemeinden | 2016 Wettbewerb zur Umnutzung der Krypta | 2018 St. Gregorius wird unter Denkmalschutz gestellt I 2019 Beginn der Umbaumaßnahmen der Krypta, Architektin: Eva von der Stein | 2020 Eröffnung der Urnengrabstätte
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.

Ortslage | Städtebauliche Situation

Die denkmalgeschützte Pfarrkirche St. Gregorius liegt im Süden von Aachen im beliebten Viertel Burtscheid an der Kreuzung der zwei Hauptverkehrsachsen Eupener Straße und Luxemburger Ring. Umliegend um den Sakralbau befindet sich ein Wohngebiet, dass von vorstadtartigem Charakter geprägt ist und überwiegend aus Ein- bzw. Mehrfamilienhausbebauung besteht. Direkt an die Kirche angrenzend befindet sich ein lokaler Sportverein samt Sportplatz, entlang der Eupener Straße mischt sich die Wohnnutzung teilweise mit Kleingewerbe.

Durch die prominente Lage sowie Größe und eindrucksvolle Architektursprache markiert St. Gregorius einen wichtigen städtebaulichen Fixpunkt im Aachener Süden. Dies wird auch durch die öffentliche Vorplatzgestaltung unterstützt, die 2022 mit dem NRW Landschaftsarchitekturpreis ausgezeichnet wurde.

Gebäude | Bauform

Bei St. Gregorius handelt es sich um ein Werk des Kölner Architekten Stefan Leuer, der als wichtiger Vertreter des rheinischen Kirchenbaus der 1960er-und 70er Jahre gilt. Der Grundgedanke des Sakralbaus folgt dem damals gerade verabschiedeten Zweiten vatikanischen Konzil. So entstand ein abgerundeter, parabelförmiger Grundriss, der die Gemeinde zusammenbringen soll. Der Haupteingang befindet sich an der offenen Westseite der Parabel, die Ostseite bildet mit der aufragenden, abgerundeten Rückwand einen eindrucksvollen Abschluss zur Straße hin, der Erinnerungen an einen Schiffsrumpf weckt.

Das Gebäude wurde mit einer grob-strukturierten Waschbetonfassade verkleidet, was die expressive Außenwirkung der Architektur weiter verstärkt und der Kirche einen fast monumentalen Charakter verleiht.

Im Inneren wirkt der hohe, abgerundete Kirchenraum hingegen hell und einladend, was durch die geweißten Wände sowie großzügige Verglasungen und Oberlichter erreicht wird.

Eine weitere architektonische Besonderheit ist die Hanglage der Kirche. Dadurch war es möglich, eine Krypta als Werktagskirche in einer Art Souterraingeschoss unter dem großen Hauptraum zu integrieren. Diese Krypta wird seit dem Umbau, der 2020 fertig gestellt wurde, als Urnengrabstätte (Columbarium) genutzt.

Historische Bedeutung | Soziales Umfeld

Die erste Kirche der St. Gregorius Gemeinde, noch an anderer Stelle errichtet, wurde im Zweiten Weltkrieg beinahe komplett zerstört. Nach dem Krieg wurde am heutigen Standort zunächst eine Notkirche errichtet, die aufgrund des rapiden Bevölkerungswachstums allerdings schnell zu klein wurde. 1965 wurde schließlich mit den Bauarbeiten für St. Gregorius begonnen, die zwei Jahre später abgeschlossen werden konnten.

Im Jahr 2009 wurden mehrere Gemeinden im Aachener Süden zusammengeführt, die Kirche St. Gregorius wurde aber weiter für eine Gottesdienstnutzung vorgesehen. Gleichzeitig begannen jedoch Überlegungen, wie die Kirchen der Gemeinde wirtschaftlich eigenständiger genutzt werden können. Dadurch entwickelte sich schließlich die Idee der Umnutzung der Krypta zu einer Urnengrabstätte.

Kirchliche Nutzung | Einbindung in die Bürgergemeinde

s.o.

Prozess | Beteiligte

Ursprung für die Ideensuche zur Umnutzung der Krypta war eine 2010 vom Bistum Aachen veröffentlichte Richtlinie, die die Zuschüsse zu Baumaßnahmen deutlich reduzierte. Die Gemeinden waren dadurch gezwungen, sich teilweise selbst um die Finanzierung ihrer Bauwerke zu kümmern. Im Falle von St. Gregorius entstand so die Idee des Urnencolumbariums in der Krypta. 2016 wurde schließlich ein Architekturwettbewerb ausgelobt, den die Aachener Architektin und Künstlerin Eva von der Stein mit ihrem Entwurf eines kreisförmigen Urnen- und Trauerraumes für sich entschied. Die Bauarbeiten des Umbaus begonnen schließlich 2019 und bereits ein Jahr später konnte das Columbarium eröffnet werden.

Nutzungskonzept | Neunutzung

Das Columbarium wurde durch einen kreisrunden, steelenartigen Einbau, unterteilt in drei gleichgroße Segmente, in die Krypta eingesetzt. Es entstand eine neue ‚Raum-im-Raum‘-Situation, die durch ihre Formgebung dynamisch und gleichzeitig harmonisch wirkt. Durch Fugen an Boden und Decke setzen sich die Einbauten von der Bestandsarchitektur ab und unterstreichen die Eigenständigkeiten des neuen Raumes.

Die Steelen bestehen aus Buchenschichtholz, die feine Struktur wird erst beim näheren Herantreten immer offensichtlicher. Darin eingelassen befinden sich viereckige Fächer mit Kuben aus dunklem Stahl, die die Urnen beherbergen. Ein ebenfalls kreisrunder Lichtstrahl an der Decke verstärkt den Raumeindruck und die einhergehende Ruhe und Harmonie.

Des Weiteren wurde eine neue Glastür eingebracht, die den Blick in das Aeternum (Hof der Ewigkeit) freigibt. Diese Freifläche dient als letzte Ruhestätte und wird durch eine eindrucksvolle Stampfbetonwand vom öffentlichen Vorplatz der Kirche abgeschirmt.

Besonderheiten | Erfahrungen

Die Umnutzung der Krypta von St. Gregorius ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Nutzungserweiterung einer Kirche unter gleichzeitiger Beibehaltung der ursprünglichen Funktion als Pfarrkirche für die Gemeinde. Aus finanziellem Druck entstand die Idee, mit der Umnutzung der Krypta zu einem Columbarium eine Einnahmequelle zur Sicherung des gesamten Kirchengebäudes zu generieren. So konnte einer unter Umständen drohenden vollständigen Profanierung von St. Gregorius vorgebeugt werden. Hilfreich war dabei vor allem auch, dass St. Gregorius neben dem großen Gottesdienstraum über die kleine Krypta verfügt, die vor der Umnutzung als Werktagskirche genutzt wurde.

 

Autor: Felix Hemmers, studiohemmers

Weitere Informationen zum Projekt:

https://st-gregor-von-burtscheid.de/pfarre/gotteshaeuser/St.-Gregorius/