Themen — Wettbewerbswesen / Weiteres Vorgehen: Planen und Bauen

Wettbewerbe für die Neunutzung von Kirchengebäuden

Vorbereitung eines Wettbewerbs

Hat sich eine Kirchengemeinde oder ein Investor dazu entschieden, ein Kirchengebäude umzubauen, sind an die Qualität der Planung dieser Bauaufgabe höchste Ansprüche zu stellen. Diese lassen sich am besten durch die Auslobung von Planungswettbewerben erfüllen. Das konkurrierende Verfahren des Wettbewerbs setzt auf einen anonymen Wettstreit um die beste Lösung der Bauaufgabe. Es sichert so die bestmögliche Qualität im Hinblick auf Funktion, Wirtschaftlichkeit und Gestaltung.

Allerdings sind Planungswettbewerbe kein Instrument, um alternative Nutzungskonzepte zu erarbeiten, sondern dienen dazu, für eine klar definierte Planungsaufgabe eine konkrete Lösung zu finden.

Die Gemeinde muss sich über die Planungsaufgabe – also die beabsichtigte Umnutzung – im Klaren sein. Denn für den Erfolg eines Wettbewerbs ist eine verständlich und präzise formulierte Aufgabenstellung von großer Bedeutung. Da die Neunutzung von Kirchen oftmals eine Vielzahl von Beteiligten aus unterschiedlichen institutionellen und gesellschaftlichen Kreisen betrifft, können Workshops mit interessierten Laien und Fachleuten bei der Abstimmung der Planungsaufgabe hilfreich sein. Dabei kann im Idealfall auf die Ergebnisse einer Machbarkeitsanalyse zurückgegriffen werden.

Regeln für einen fairen Leistungsvergleich

Die Auslobung von Planungswettbewerben ist als Verfahren einzigartig, um für ein Projekt die beste Lösung und einen geeigneten Auftragnehmer zu finden. Wettbewerbe haben eine lange Tradition und sind ein wesentlicher Teil der Planungskultur unserer Gesellschaft, die eine unersetzliche Voraussetzung für unsere Baukultur darstellt. Durch die in nahezu allen Bundesländern eingeführte „Richtlinie für Planungswettbewerbe“ wird ein fairer Leistungsvergleich sichergestellt und auf ausgewogene Weise den partnerschaftlichen Belangen der Kirchengemeinde als Ausloberin und den Architektinnen und Architekten und den beteiligten Ingenieurinnen und Ingenieuren als Teilnehmer Rechnung getragen.

Wettbewerbe stellen zudem eine effiziente Planung sicher. Für die Summe eines einzigen Vorplanungshonorars erhält die Kirchengemeinde oder der Investor innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Vielzahl von Planungsalternativen für das Projekt. Bei Beauftragung des Preisträgers kann zudem das an ihn gezahlte Preisgeld mit dem Honorar verrechnet werden.

Je nach Aufgabenstellung können sich Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Ingenieure verschiedener Fachdisziplinen an Wettbewerben beteiligt werden.

Wettbewerbe bedürfen klarer Regeln, denn die Teilnehmer erbringen die Planungsleistungen kostenfrei: einerseits aus gesellschaftlicher Verantwortung, andererseits mit dem Bestreben, den Planungsauftrag zu erhalten. Daher muss die Kirchengemeinde oder der Investor den Wettbewerb mit dem Versprechen verbinden, einem der Preisträger oder Preisträgerinnen den Auftrag zu erteilen. Dass diese Regeln eingehalten werden, testiert je nach Schwerpunktsetzung der Aufgabenstellung die Architektenkammer oder die Ingenieurkammer in einem Übereinstimmungsvermerk. Architekten und Architektinnen sowie Ingenieure und Ingenieurinnen dürfen sich nur an solchen registrierten Wettbewerben beteiligen, bei denen ein „fairer und lauterer Leistungsvergleich“ sichergestellt ist.

Die Grundsätze geregelter Wettbewerbsverfahren sind:

  • die Gleichbehandlung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer
  • die Anonymität der Wettbewerbsbeiträge
  • ein ausreichendes Auftragsversprechen
  • eine angemessene Wettbewerbssumme
  • ein fachlich kompetentes, unabhängiges Preisgericht
  • eine klare und eindeutige Aufgabenstellung
  • die Sicherung der Urheber- und Verwertungsrechte

Mehrfachbeauftragungen

Von Wettbewerben zu unterscheiden sind sogenannte Mehrfachbeauftragungen, in deren Rahmen mehrere Planer Entwürfe für eine Bauaufgabe fertigen. Diese Verfahren bedingen eine der Honorarordnung für Architektinnen und Architekten sowie für Ingenieurinnen und Ingenieure (HOAI) entsprechende Vergütung für jeden beauftragten Planer, sodass sie in der Praxis zu deutlich höheren Kosten führen als Planungswettbewerbe. Einziger Vorteil für den Auftraggeber: Er muss die Aufgabe weniger deutlich umreißen als beim Wettbewerb und kann zum Beispiel auch um die Vorplanung völlig verschiedener Nutzungsansätze für sein Gebäude bitten. In unklaren Fällen helfen die Architektenkammer und die Ingenieurkammer bei der Bewertung des Sachverhaltes, denn die Materie ist komplex und die Grenzen zu unfairen und unlauteren Verfahren sind nicht immer einfach zu ziehen.

Wettbewerbe in der kirchlichen Planungspraxis

Das Instrument des geregelten Wettbewerbs wird von kirchlichen Auftraggebern vielfach genutzt. Aus diesem Grund hat die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen bereits zweimal den Ausloberpreis an kirchliche Organisationen verliehen. Mit diesem Preis werden Bauherren ausgezeichnet, die sich in besonderem Maße um die Baukultur in unserem Land verdient gemacht haben und zur Optimierung der Planungsqualität ihrer Projekte das Instrument des geregelten Architektenwettbewerbs einsetzen. Im Jahr 2005 erhielt den Ausloberpreis das Bischöfliche Generalvikariat Münster und im Jahr 2018 die Evangelische Kirche von Westfalen.

Kostenfreie Wettbewerbsberatung

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen treten für die Auslobung von Wettbewerben und deren regelkonforme Durchführung ein. Dazu gehört auch eine umfassende kostenlose Beratung in allen Fragen, die Planungswettbewerbe betreffen. Hierzu verfügt die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen über ein landesweites Netzwerk von Beratern, über Fachleute in ihrer Geschäftsstelle und über Arbeitshilfen, die online zur Verfügung stehen. Und auch die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen baut ein entsprechendes Beratungsangebot auf.

 

Dipl.-Ing. Herbert Lintz, Architektenkammer NRW, Düsseldorf | Jan Schüsseler, Architektenkammer NRW, Düsseldorf | Axel C. Springsfeld, Architektenkammer NRW, Düsseldorf | Jochen König, Architektenkammer NRW, Düsseldorf