Themen — Nutzungskonzepte / Nutzungsentwicklung

Akzeptanz von Nutzungen

Die Akzeptanz verschiedener Nutzungskonzepte ist bei den (Erz-)Bistümern und Landeskirchen, den Kirchen- und Bürgergemeinden, der kommunalen Politik und Verwaltung sowie bei der Denkmalpflege sehr unterschiedlich. Von kirchlicher Seite wird mitunter auch die Möglichkeit eines Abrisses zur Verhinderung etwaiger imageschädigender Nachnutzungen in Betracht gezogen. Dagegen werden manche aus kirchlicher Sicht akzeptable Nutzungen, beispielsweise soziales Wohnen, wegen starker Eingriffe in die Gebäudesubstanz von Denkmalpflegern weniger positiv bewertet.

Bei der Suche nach Nutzungen für Kirchengebäude ist diese unterschiedliche Akzeptanz der verschiedenen Interessengruppen zu beachten. Unterschiedliche Akzeptanzhaltungen müssen zu kirchlich, baukulturell und sozial verträglichen Lösungen mit einem möglichst großen Konsens der genannten Beteiligten geführt werden. Die verschiedenen Umnutzungsmöglichkeiten sollten dabei sowohl nach inhaltlichen Kriterien in Bezug auf die ursprünglich sakrale Nutzung als auch nach baukulturellen Kriterien in Bezug auf die Eigenart, Zeichenwirkung und Qualität des Gebäudes bewertet werden.

Die ersten Institutionen, die über die Akzeptanz einer Nutzung zu entscheiden haben, sind die kirchlichen Vertreter mit ihren verschiedenen Ebenen. Die Verträglichkeit mit der ursprünglich sakralen Nutzung – auf katholischer Seite noch mit der Weihe der Gebäude – schränkt die Nutzungsmöglichkeiten bereits ein. Dies ist nicht theologisch begründet, sondern liegt vielmehr in der Zeichenhaftigkeit der Gebäude, ihrer Identifizierung mit den Kirchen als Gemeinschaft und ihren Überzeugungen bzw. in der emotionalen Bindung der Gemeinde mit ihrem Gebäude. Auf kirchlicher Seite können sich die Gemeindeebene und die Kirchenleitungen in der Bewertung einzelner Nutzungen und ihrer Akzeptanz allerdings auch unterscheiden. Dies zeigt sich beispielsweise bei Diskussionen über die Nutzung von Kirchen als säkulare Aussegnungshallen und Kolumbarien privater Beerdigungsinstitute. Die einzelnen Konfessionen vertreten ebenfalls unterschiedliche Ansichten. So sind beispielsweise Umnutzungen zu Synagogen oder Moscheen für katholische Kirchen ausgeschlossen, in der evangelischen Kirche sind Synagogen allerdings möglich und bereits umgesetzt worden (Bsp. Bielefeld, Paul-Gerhardt-Kirche). Für die Akzeptanz einer Umnutzung vonseiten der Kirchen ist neben der Art der neuen Nutzung insbesondere der Symbolwert des betreffenden Gebäudes entscheidend: „Je geringer der Symbolwert eines Gebäudes ist – durch Bauart oder zeitlichen Abstand –, desto eher kann es verkauft und umgenutzt werden.

Für die Denkmalpflege sind die Veränderungen des Gebäudes in seiner Originalsubstanz, Materialität und Wirkung in städtebaulicher und architektonischer Hinsicht sowie der Innenraumprägung entscheidend für die Akzeptanz einer Umnutzung. Insofern wird, was den Substanzerhalt angeht, beispielsweise eine Nutzung als „Kletterkirche“ (Bsp. Mönchengladbach, St. Peter) durchaus denkmalverträglicher gesehen als der Einbau von Sozialwohnungen. Bei Unterteilungen im Innenraum wird deshalb meist eine Reversibilität der Einbauten gefordert. Eine schwierige Frage bei einer Umnutzung in Wohn- oder Büroräumen ist in diesem Zusammenhang die Belichtung der Einzelräume. Neue, zusätzliche Fensteröffnungen, Dachein- und Aufbauten, Balkone oder Loggien verändern sehr deutlich die äußere Erscheinung und lassen sich bei vielen Gebäuden gestalterisch kaum befriedigend lösen.

Viele Neunutzungen können nicht grundsätzlich als akzeptiert oder ausgeschlossen kategorisiert werden. Es kommt immer auf eine individuelle Betrachtung von Gebäude, Ort und Umfeld an. Für manche Orte und Gebäude können leichter neue Nutzungen gefunden werden, für andere kann dagegen kaum aus verschiedenen Möglichkeiten ausgesucht werden. In solchen Fällen sind eventuell auch weniger gewünschte Nutzungen auf ihre Anpassbarkeit an die Gegebenheiten zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für Profanierung/Entwidmung, Verkauf und private/gewerbliche Nutzungen mit stärkeren Eingriffen in die Gebäudesubstanz.

Selbstverständlich werden von kirchlicher Seite Nutzungen ausgeschlossen, die kirchlichen Lehren oder der Würde der sakralen Vornutzung entgegenstehen, wie sexuelle Dienstleistungen, Vergnügungsstätten etc. Insbesondere gewerbliche Nachnutzungen werden deshalb intensiv begutachtet, beispielsweise Gastronomienutzungen.

 

Jörg Beste, synergon Köln